Shuggie Bain – Douglas Stuart

Shuggie Bain

Eine Menge Leute haben dieses Buch in den höchsten Tönen gelobt und es war eine Zeitlang in jedem Feuilleton und auf jedem Buchblog. 2020 gewann es den Booker Preis, und war im selben Jahr Finalist beim National Book Award für Bellestristik.

Ich war also ziemlich gespannt auf diesen Debütroman und hatte entsprechend hohe Erwartungen.

Doch schon am Anfang des Buches gab es Szenen, die mir sauer aufstießen. Naja, dachte ich, es kann nur besser werden. Doch weit gefehlt. Es wurde schlimmer.

Es geht los mit einem Kaffeekränzchen von Frauen, die eine Ladung geklauter BHs bekommen und sich erstmal im Wohnzimmer in geselliger Runde ausziehen, um die BHs anzuprobieren. Keine geniert sich, alle sind offenbar total fein damit, halbnackt um den Tisch zu sitzen, auch als jemand das Zimmer betritt, der nicht zu der Weiberrunde gehört. Das mag sich der männliche Autor zwar so vorstellen, aber nur weil es die derbe Arbeiterklasse beschreiben soll, passiert das so noch lange nicht, einfach nur weil ein paar Frauen zufällig gerade unter sich sind.

Shuggie selber wohnt in einer schäbigen Unterkunft, wo wer sich von einem Pädophilen betatschen lässt, und obwohl es ihm nicht gefällt, lässt er sich im Bad von dem Typen begaffen, weil der ihm manchmal Geld gibt. So wird also Armut dargestellt. Als nächstes zerrt ein genervter Mann seine betrunkene Ehefrau an den Haaren eine Treppe hoch, um sie dann im Hotelzimmer zu vergewaltigen.

Das sind übrigens alles noch nicht wirklich Spoiler, denn all das passiert auf ca. den ersten 50 Seiten.

Der Autor versteht es nicht, eine Geschichte zu erzählen, sondern setzt auf Schockmomente, um die Leserschaft am Ball zu halten. Wer sonst nicht, oder nur selten Romane liest, mag das als mutig und außergewöhnlich empfinden. In Wirklichkeit ist es ein billiges Stilmittel, das über fehlenden Schreibhandwerk hinwegtäuscht. Aus dem gleichen Grund sehen sich manche Leute jedes Jahr „Stirb langsam“ an und halten es für die Krönung der Cinematographie. Es fehlt ihnen an vernünftigem Vergleichsmaterial.

Im Falle von Shuggie Bain ist das Credo „je roher, desto besser“, egal wie glaubwürdig das Ganze dann noch bleibt. Hauptsache dreckig, verwahrlost und depressiv, denn ja, so ist das Glasgow der 80er Jahre! Dass es natürlich ganz und gar nicht so war, ignorieren die Fans dieses Machwerks einfach. Weil sie, wie eben erwähnt, keinen Vergleich mit einem wirklich guten Schreibstil haben.

Leider habe ich schon öfter festgestellt, dass speziell beim Booker Preis in den letzten Jahren vornehmlich Bücher gewinnen, in denen möglichst viel ‚geschockt‘ wird.

Ich habe mir selbst einen Gefallen getan und das Buch abgebrochen.

ISBN:
Verlag: Piper Taschenbuch
Erschienen: 23. Februar 2023
Seiten: 496 Seiten
Preis: 15 Euro

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